Friedrich Merz mit 325 Stimmen zum Bundeskanzler gewählt
Friedrich Merz ist neuer Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland. Der Bundestag hat den CDU-Abgeordneten am Dienstag, 6. Mai 2025, mit 325 von 618 abgegebenen Stimmen im zweiten Wahlgang zum Kanzler in der 21. Wahlperiode (2025 bis 2029) gewählt. In der geheimen Wahl mit verdeckten Stimmkarten gab es 289 Gegenstimmen und eine Enthaltung. Drei Stimmen waren ungültig. Für die Wahl erforderlich waren 316 Stimmen. Grundlage war ein Wahlvorschlag von CDU/CSU und SPD (21/111). Merz erklärte nach Verkündung des Wahlergebnisses, dass er die Wahl annehme, und dankte für das Vertrauen. Im Anschluss erhielt er im Schloss Bellevue seine Ernennungsurkunde von Bundespräsident Dr. Frank-Walter Steinmeier ausgehändigt.
Merz im ersten Wahlgang nicht gewählt
Den zweiten Wahlgang hatte Bundestagspräsidentin Julia Klöckner um 15.15 Uhr aufgerufen, nachdem der erste Wahlgang am Vormittag nicht zur Wahl von Merz geführt hatte. Der Bundespräsident hatte Merz als Bundeskanzler vorgeschlagen (Artikel 63 Absatz 1 des Grundgesetzes). Statt der erforderlichen 316 Stimmen erhielt der Kandidat aber nur 310 Stimmen.

Der CDU-Abgeordnete und Kanzlerkandidat Friedrich Merz (Mitte) verpasst die Kanzlermehrheit im ersten Wahlgang. Neben ihm: Unionsfraktionschef Jens Spahn (links) und Alexander Dobrindt (CSU, rechts). (© DBT/Thomas Imo/photothek)
Von den 630 Abgeordneten hatten 621 ihre Stimme abgegeben. Gegen Merz stimmten 307 Abgeordnete, es gab drei Enthaltungen und eine ungültige Stimme. Die Koalitionsfraktionen verfügen rechnerisch über 328 Stimmen, von denen 208 auf Abgeordnete der Unionsfraktion und 120 auf SPD-Abgeordnete entfallen. Die Bundestagspräsidentin unterbrach daraufhin die Sitzung, um Beratungen in den Fraktionen zu ermöglichen. Bisher hatte es bei 20 vorangegangenen Kanzlerwahlen in der Bundesrepublik eine solche Nichtwahl im ersten Wahlgang noch nicht gegeben.
Was das Grundgesetz vorsieht
Das Grundgesetz sieht im Artikel 63 vor, dass der Bundestag innerhalb von 14 Tagen mit mehr als der Hälfte seiner Mitglieder einen Bundeskanzler wählen kann, wenn ein Kandidat im ersten Wahlgang nicht gewählt wird. Kommt eine Wahl innerhalb dieser Frist nicht zustande, soll „unverzüglich“ ein neuer Wahlgang stattfinden, in dem gewählt ist, wer die meisten Stimmen erhält.
Vereinigt der Gewählte die Stimmen der Mehrheit der Mitglieder des Bundestages („Kanzlermehrheit“) auf sich, so muss der Bundespräsident ihn binnen sieben Tagen nach der Wahl ernennen. Erreicht der Gewählte die Kanzlermehrheit nicht, muss ihn der Bundespräsident binnen sieben Tagen entweder ernennen oder den Bundestag auflösen. Die Wahlvorschläge müssen von mindestens einem Viertel der Mitglieder des Bundestages oder einer Fraktion, die mindestens ein Viertel der Mitglieder des Bundestages umfasst, unterzeichnet werden.
Abweichung von der Geschäftsordnung erforderlich
Dass der zweite Wahlgang noch am selben Tag zustande kam, ist einer Verständigung der vier Fraktionen CDU/CSU, SPD, Bündnis 90/Die Grünen und Die Linke zu verdanken, gemeinsam einen Geschäftsordnungsantrag zu stellen, der eine Abweichung von der Geschäftsordnung des Bundestages ermöglicht. Nach kurzer Debatte stimmten alle Fraktionen und Abgeordneten diesem Antrag zu. Erforderlich war eine Zweidrittelmehrheit (Paragraf 126 der Geschäftsordnung).
Die Abweichung bezog sich darauf, dass Union und SPD einen Wahlvorschlag (21/111) einbringen mussten, in dem Merz als Bundeskanzler vorgeschlagen wurde. Paragraf 78 Absatz 5 der Geschäftsordnung sieht jedoch vor, dass die Beratung von Vorlagen frühestens am dritten Tag nach Verteilung der Drucksache beginnt. Damit wäre die Abstimmung über den Wahlvorschlag am selben Tag nicht möglich gewesen.
Unterstützung für zweiten Wahlgang am selben Tag
Steffen Bilger (CDU/CSU), Erster Parlamentarischer Geschäftsführer, begründete die Abweichung von der Geschäftsordnung damit, dass eine zeitliche Verzögerung nicht akzeptabel sei: „Deutschland braucht eine Regierung.“ Katja Mast, Erste Parlamentarische Geschäftsführerin der SPD-Fraktion, dankte Grünen und der Linken für die Unterstützung bei der erforderlichen Fristverkürzung.
Dr. Bernd Baumann, Erster Parlamentarischer Geschäftsführer der AfD-Fraktion, erklärte, seine Fraktion stimme dem zweiten Wahlgang zu und stehe für „vernünftige Lösungen für Deutschland“ bereit. Dr. Irene Mihalic, Erste Parlamentarische Geschäftsführerin von Bündnis 90/Die Grünen, sagte, ihre Fraktion wolle, dass die „Zeit der Unsicherheit“ so kurz wie möglich bleibt. Die Zustimmung zum Geschäftsordnungsantrag sei aber keine Zustimmung zur Politik der Koalition, man werde Merz nicht wählen. Ähnlich argumentierte Christian Görke, Erster Parlamentarischer Geschäftsführer der Fraktion Die Linke, der hervorhob, man wolle Klarheit, „wie es in diesem Land weitergeht“.
Ein Sauerländer zieht ins Kanzleramt ein
Friedrich Merz, 69-jähriger Rechtsanwalt aus Nordrhein-Westfalen, gehörte dem Bundestag bereits von 1994 bis 2009 an und wurde 2021 erneut ins Parlament gewählt. Von 1989 bis 1994 war er Abgeordneter des Europäischen Parlaments. Am 23. September 2024 wurde er von den Parteigremien von CDU und CSU als Kanzlerkandidat der Union nominiert. Bei der Bundestagswahl am 23. Februar 2025 gewann der gebürtige Briloner den Wahlkreis Hochsauerlandkreis mit 47,7 Prozent der Erststimmen.
Zum Parteivorsitzenden der CDU wurde Merz am 22. Januar 2022 gewählt, am 15. Februar 2022 folgte die Wahl zum Vorsitzenden der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, ein Amt, das er bereits von 2000 bis 2002 innehatte. Für die CDU unterzeichnete er am 5. Mai 2025 den Koalitionsvertrag mit SPD und CSU. Merz ist der zehnte Bundeskanzler in der Geschichte der Bundesrepublik.
Scholz seit 25. März nur geschäftsführend im Amt
Als Bundeskanzler tritt Merz die Nachfolge von Olaf Scholz (SPD) an, der am 8. Dezember 2021 in das Amt gewählt worden war. Die Amtszeit von Scholz war bereits am Dienstag, 25. März, dem Tag der konstituierenden Sitzung des am 23. Februar neu gewählten 21. Deutschen Bundestages abgelaufen (Artikel 69 Absatz 2 des Grundgesetzes). Seither agierte er als geschäftsführender Bundeskanzler. An seinen Kompetenzen hatte das allerdings nichts geändert. Der Bundestag konnte ihm jedoch seit dem 25. März nicht das Misstrauen aussprechen (Artikel 67 des Grundgesetzes), und der Kanzler konnte im Parlament nicht die Vertrauensfrage stellen (Artikel 68).
Das Grundgesetz sagt nicht, innerhalb welcher Frist ein neuer Bundeskanzler gewählt werden muss. Festgelegt ist im dritten Absatz des Artikels 69 nur, dass der Kanzler auf Bitten des Bundespräsidenten verpflichtet ist, seine Amtsgeschäfte so lange weiterzuführen, bis der Bundespräsident einen neuen Bundeskanzler ernannt hat.
Wahl mit verdeckten Stimmzetteln
Die zeitliche Spanne zwischen der Bundestagswahl und der Wahl des Bundeskanzlers war in den zurückliegenden 20 Wahlperioden unterschiedlich lang. Sie reichte von 23 Tagen 1983 (Wahl am 6. März, Kanzlerwahl am 29. März) bis 171 Tagen 2017 (Wahl am 22. September, Kanzlerwahl am 14. März 2018). In diesem Jahr sind zwischen Bundestagswahl und Kanzlerwahl 72 Tage vergangen.
Die Kanzlerwahl kann aus bis zu drei Wahlphasen bestehen und findet mit „verdeckten Stimmzetteln“, also geheim, statt. Bei diesem Verfahren dürfen nach der Geschäftsordnung des Bundestages die Stimmzettel erst vor Betreten der Wahlzelle ausgehändigt werden. Zur Wahl werden die Abgeordneten namentlich aufgerufen. Beim zweiten Wahlgang wurde jedoch auf den namentlichen Aufruf verzichtet. (vom/06.05.2025)